Ich bin betroffen

Ich bin betroffen. Nicht nur vom dem, was man täglich über die EZB hört. Nein, ich bin ein Betroffener der EZB-Geldmarktpolitik.

Stellen sie sich vor, Sie haben ein Haus. Und auf diesem Haus haben Sie ein Darlehen aufgenommen. Seinerzeit, sagen wir vor fünf Jahren, mit Zinsfestschreibung von zehn Jahren. Nehmen wir an, Sie wollen dieses Haus nun verkaufen. Üblicherweise verlangt die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung. Der Bank entgehen durch die vorzeitige Rückzahlung ja Ihre Zinsen. Und vom Geldverleihen und den Zinsen lebt eine Bank. Die Bank bekommt das Geld aber früher wieder und kann es erneut verleihen. Bei Festschreibung Ihres laufenden Darlehens hat Ihr Kreditgeber Ihr Darlehen “refinanziert” – sich das Geld sozusagen für die Laufzeit Ihrer Finanzierung auf dem Kapitalmarkt eingekauft. In dem Moment, in dem Sie Ihr Darlehen vorzeitig zurückzahlen, legt die Bank dieses Geld für den Rest der Laufzeit wieder an. Soweit so gut.

Nun orientieren sich Kreditinstitute aber an den Leitzins der Europäischen Zentralbank. Der Leitzins ist der Zinssatz, den Kreditinstitute zahlen, um ihrerseits Geld zu erhalten. Und die EZB läßt diesen Leitzins auf dem historisch niedrigen Kurs von 0,75 Prozent. Zum Vergleich: 2008 lag der Leitzins bei 2,5 Prozent, sank dann in 2009 auf 2 Prozent und 2010 auf 1,5 Prozent.

Zu meinem Fall: Ich verkaufe ein Haus, habe aber vor fünf Jahren ein Darlehen über 40.000 Euro für den Bau eines Garagenhofes darauf aufgenommen. Jetzt muß ich für die vorzeitige Ablösung der zehnjährige Zinsfestschreibung eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen. Und die beträgt rund 9.500 Euro – wegen eines künstlich niedrig gehaltenem Leitzins von derzeit 0,75 Prozent. Dieser Betrag ist weitaus höher, als noch vor einiger Zeit. Draghi und dessen Vorgänger saßen der Illusion auf, daß billiges Geld die Wirtschaft ankurbelt und teures Geld die Konjunktur bremst. Das kann unter Umständen auch so sein. Nur, heute ist nichts mehr normal. Das europäische Problem hat primär nichts mit billigen oder teuren Geld zu tun. Die EZB übernimmt z.B. durch den Kauf von Staatsanleihen Risiken, die normalerweise von der Privatwirtschaft getragen werden, während Unternehmer nicht mehr investieren und Privatpersonen kaum noch bauen – trotz des günstigen Geldes. Die EZB-Niedrigzinspolitik ist also allenfalls als Signal zu verstehen, daß Geld in nahezu unbegrenzter Höhe für fast umsonst bereitsteht. Und dieses Signal läßt Böses erahnen.

Nun verkauft nicht jeder eine Immobilie parallel zur Finanzierung und muß Vorfälligkeitsentschädigung zahlen. Aber: Durch das Niedrigmanipulieren des Leitzinses richtet die EZB immensen Schaden an. Durch das billige Geld sinken auch die Zinsen für Sparguthaben. Bekam ein Sparer für sein Tagesgeld vor drei Jahren noch bis zu 2,5 Prozent, sind es heute im Durchschnitt weit unter einem Prozent. Die Alterversorge der Deutschen schmilzt dahin. Kapitalbildende Lebensversicherungen und Riester-Rente erwirtschaften Mini-Renditen. Omas Sparbuch erwirtschaftet im Schnitt nur noch 0,55 Prozent Zinsen, die Sparkasse Fürth zahlt z.B. aktuell 0,25 Prozent für Sparbuchguthaben mit gesetzlicher Kündigungsfrist. Im Falle der Sparkasse bedeutet das: 10.000 angelegte Euro bringen in einem Jahr 25 Euro Zinsen -  während die Inflation (bei 2 Prozent im August 2012) schon 200 Euro tilgt.

Über Horst Schwabe

Jahrgang 1966, Realschule, Zweijährige Höhere Handelsschule, Zeitsoldat - Luftwaffe 1985 bis 1997, Studium Werbegrafik und Design, Verkaufsleiter 1998 bis 1999, Betriebsratsvorsitzender 1999 bis 2005, Geschäftsführer 2007 bis 2012, wohnhaft in Bremen, verheiratet, 2 Kinder
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